Im Bereich der theoretischen Medizin war die "Abhandlung über die Ursprünge der
Krankheiten", zhu bing yuanhou lun , von Chao Yuanfang
(fl. 610)
wegweisend. Es unterteilt die Krankheiten z.B. nach Infektionen in der Folge von
Insektenstichen, unterscheidet verschiedene Formen des Durchfalls und beschreibt präzise
verschiedene Arten der Lähmung. Da in seinem Werk die Behandlungsmethoden vollkommen
ausgeklammert wurden, verwendet man parallel dazu das Standardwerk der Pharmazie, qian
jin fang
,
"unschätzbare Rezepte", von Sun Simiao
(581-683). Die dort beschriebenen Rezepte gehören
heute noch zu den Standardverschreibungen der traditionellen Medizin. Sun Simiao hat nicht
die Verwendung von Vitaminen erfunden, aber er verschreibt z.B. Tierleber, die reich an
Vitamin A ist, für Patienten mit Sehschwäche, einen Extrakt aus u.a. Mandeln und
Pfefferschoten, die viel Vitamin B enthalten, gegen Fußschwellungen und Extrakt aus
Schilddrüsen vom Schaf oder vom Hirsch gegen einen Kropf. Schon in der Song- Zeit gab es
Ärzte, die sich auf Kinder- oder Frauenheilkunde spezialisiert hatten.
Der Einsatz von Pathologie in der Kriminalistik ist seit Song Ci (1186-1249) organisiert, der in
seinen "Aufzeichnungen zur Auslöschung von Unrecht", xi yuan jilu
(1247), das
pathologische Wissen seiner Zeit systematisiert. Dieses Werk war das erste Buch zur
Gerichtsmedizin und wurde ins Englische, Französische, Niederländische, Deutsche,
Koreanische, Japanische und Russische übersetzt. Song Ci führt die verschiedenen Arten
unnatürlicher Todesursachen und Methoden zu deren Feststellung auf.
Den Taoisten sind die frühen
Fortschritte auf dem Gebiet der Chemie zu verdanken, weil diese auf der Suche nach dem
Elixier des Lebens alchimistische Experimente mit Metallen machten. In den inneren
Kapiteln des Bao pu zi führt Ge Hong
(281-343, Philosoph und Alchimist) aus, wie verschiedene Metalle unter
dem Einflu?von Hitze miteinander verschmolzen werden können. Zu seiner Zeit kannte man
unter anderem bereits die Pocken, Tuberkulose und Malaria und wußte über ihre
Ansteckungsgefahr Bescheid. Ge Hong verzeichnet verschiedene Methoden, um den Geist des
Lebens zu konservieren, darunter auch die heute noch von Taoisten praktizierte Methode des
Coitus interruptus, bei der man davon ausgeht, da?das Sperma vitale Energien beinhaltet,
die geschont werden müssen.